Rechtliche Unterstützung soll am liebsten nichts kosten. Da verleitet etwa die Chatgruppe oder ChatGPT zu voreiliger Freude, denn eine professionelle Rechtsberatung können sie kaum ersetzen. Die Analyse eines Rechtsfalles ("Diagnose") erfordert mehr als eine Meinung oder ein Algorithmus (KI) leisten können. Von einem "ähnlichen Fall" kann man selten auf den konkreten eigenen Fall schließen. Künstliche Intelligenz wird nicht auf die Psychologie und die Verästelungen Rücksicht nehmen, also auf Taktiken und Strategien, die für die Lösung ("Therapie") nötig sind. Das Recht wird nicht nur aus Gesetzen und Verordnungen abgeleitet, dem sog. kodifizierten Recht, sondern vor allem aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Hier stelle ich regelmäßig einige solcher Entscheidungen auf meine Seite, die Sie interessieren könnten. Wenn Sie konkreten anwaltlichen Rat benötigen, zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren. Ich empfehle Ihnen, das frühzeitig zu tun, damit Sie unbewusste Fehler bei der Lösung Ihres Falles vermeiden.
Bei einem mutmaßlichen Betrug von Anlegern, hier einem "Schneeballsystem" von hochristanten Optionsgeschäften, ohne die Anleger zu informieren, muss die Anklage genau ermitteln, zu welchen Zeitpunkten die Auszahlungsansprüche fällig wurden und auf welche konkrete Art und Weise die angelegten Gelder verwendet wurden. Zur Feststellung des Schadens genügt es nicht, pauschal auf eine teilweise mehrere Jahre vorher bestehende Kapitallücke oder auf den jeweils eingetretenen Vermögensverlust abzustellen, der den Anlegern entstanden ist. Die Strafkammer muss vielmehr für jeden Zeitpunkt der Vermögensverfügung der Geschädigten den jeweiligen Wert des Rückzahlungsanspruchs unter Berücksichtigung der Bonität des Angeklagten ermitteln. Darüber hinaus muss man sich mit den Vermögenswerten des Angeklagten auseinandersetzen, insbesondere die Höhe der Schulden des Angeklagten konkret bemessen. Der Bundesgerichtshof stellt für solche Betrugsfälle, die zu einem erheblichen Schaden führen können, sehr strenge Anforderungen.
Ein Mitarbeiter eines Unternehmens wollte bei den geleisteten Arbeitsstunden schummeln. Er gab Mehrarbeitsstunden an, die er in Wahrheit nicht abgeleistet hatte. Eine offene Videokamera im Betriebshof zeichnete sein abweichendes Kommen und Gehen auf. Daraufhin wurde er fristlos gekündigt. In dem anschließenden Kündigungsschutzprozess beruft sich der Gekündigte darauf, dass die Videoaufzeichnungen nicht den datenschutzrechtlichen Bestimmungen entsprochen hätten und deshalb dieser Beweis einem sog. Beweisverwertungsverbot unterliegt. Das Bundesarbeitsgericht sieht das anders und hat geurteilt, dass grundsätzlich kein Verwertungsverbot besteht, auch wenn die Videoüberwachung nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzes steht. Darüber hinaus können die Betriebsparteien auch keine abweichende Regelung zugunsten des Arbeitnehmers treffen.
Bundesarbeitsgericht vom 29. Juni 2023, 2 AZR 296/22
In dem zu entscheidenden Fall geht es um eine disziplinarrechtliche Konsequenz eines Seitensprungs. Ein Truppendienstgericht verurteilte einen Offizier wegen Verletzung seiner Kameradschaftspflicht, weil er mit der Ehefrau eines Kameraden geschlafen hat, woraufhin die Ehe des Kameraden vollständig scheiterte. Der Offizier wurde u. a. mit einem Beförderungsverbot belegt. Das Bundesverwaltungsgericht sagt: Die Kameradschaft in der Bundeswehr ist nicht nur eine ethische Kategorie, sondern eine im Soldatengesetz vorgeschriebene Rechtspflicht. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 12 SG beruht der Zusammenhalt in der Bundeswehr wesentlich auf Kameradschaft. Sie verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen. Dies schließt gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Anschauungen mit ein. Bei der Beteiligung an einem Ehebruch seien diese Grundsätze verletzt worden.
Bundesverwaltungsgericht vom 22. Januar 2025, 2 WD 14.24
In Erbfällen geht es meistens ums Geld. Sind mehrere Erben oder Pflichtteilsberechtigte vorhanden, entsteht schnell ein Streit darüber, was die vererbte Immobilie eigentlich wert ist. Grundsätzlich kann im Falle der baldigen Verwertung des Hauses der Verkaufserlös dafür herangezogen werden. Im zu entscheidenden Fall lagen mehrere Wertgutachten zwischen 58.000 und 245.000 Euro vor. Tatsächlich wurde dann 65.000 Euro erzielt. Es lagen somit erheblichen Differenzen vor. In so einem Fall hat der Betroffene dann einen sog. Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 BGB, das heißt, er kann ein gerichtliches Gutachten einholen lassen.
Bundesgerichtshof vom 29. September 2021, IV ZR 328/20
Ziehen in eine Mietwohnung ein Mieter und ein Untermieter ein, hat der Mieter im Falle einer späteren Umwandlung dieser Wohnung in eine Eigentumswohnung einen besonderen Kündigungsschutz gemäß §577a BGB. Der neue Vermieter kann innerhalb von drei Jahren keinen sog. Eigenbedarf anmelden, in Berlin wegen einer Sonderverordnung sogar zehn Jahre lang. Die vom Gericht zu entscheidende Frage war, ob das auch für eine vor der Umwandlung eingezogenen Untermieter gilt. Das Gericht lehnt eine solche Gleichbehandlung ab. Um sich vor den Rechtsfolgen einer solchen Konstellation zu schützen, gibt es die Möglichkeit eines Vertrages zugunsten Dritter, die aber nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. So sollte im Hauptmietvertrag bereits erwähnt werden, dass die Aufteilung des Wohngebäudes in Wohneigentum bereits geplant oder zumindest ziemlich wahrscheinlich ist. Das wird selten der Fall sein.
Bundesgerichtshof vom 22. Juni 2022, VIII ZR 356/20